Selbstständig im Direktvertrieb – Chancen nutzen, Herausforderungen verstehen
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Der Direktvertrieb bietet dir eine attraktive Möglichkeit, dich selbstständig zu machen und dein Einkommen flexibel zu gestalten. Ob du Produkte persönlich präsentierst, Kund:innen zu Hause besuchst oder moderne digitale Vertriebswege nutzt – der direkte Verkauf eröffnet vielfältige Chancen, besonders für Quereinsteiger:innen. Dieser Leitfaden zeigt dir, wie du erfolgreich im Direktvertrieb startest, welche Formen sich anbieten und worauf du zu Beginn achten solltest.
Was versteht man unter Direktvertrieb?
Unter Direktvertrieb, auch direkter Vertrieb genannt, versteht man den Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen direkt von der Hersteller:in an die Endkund:innen, ohne Zwischenhändler:innen einzuschalten. Wichtig ist dabei: Der Verkauf findet außerhalb deiner Geschäftsräume statt. Die Verkaufsorte können dabei ganz unterschiedlich sein.
Hinweis: Im Direktvertrieb werden die Produkte oder Dienstleistungen immer im Namen und auf Rechnung deines Unternehmens verkauft. Das bedeutet: Es gibt eine direkte Beziehung zwischen dir und deinen Kund:innen, und jeder Kaufvertrag wird unmittelbar zwischen euch abgeschlossen.
Welche Formen des Direktvertriebs gibt es?
Für dich nachfolgend eine Übersicht der wichtigsten Formen des Direktvertriebs. Dabei sind auch mediale Absatzmöglichkeiten berücksichtigt:
- Heimvorführung:
Heimvorführungen, wie Tupperpartys oder Dessouspartys, gehören zu den beliebtesten Formen des Direktvertriebs. Hier treffen sich Interessierte in privater Atmosphäre, um Produkte direkt auszuprobieren und sich beraten zu lassen. Bekannte Anbieter sind Tupperware, Mary Kay oder Avon. Solche Treffen fördern durch Social Selling den Kauf, da viele Menschen von Freund:innen oder Bekannten schneller überzeugt werden. - Heimdienst:
Ein klassisches Beispiel für Heimdienste ist „Bo-Frost“, das Kund:innen regelmäßig mit Tiefkühlwaren beliefert. Ein ähnliches Modell nutzt „Eismann“. Aber auch regionale Anbieter, wie Obst- und Gemüsekistenlieferanten, setzen auf diesen Ansatz, um Kund:innen frische Produkte direkt nach Hause zu bringen. - Kauf beim Vertreter:
Beim Vertreterverkauf besuchen Handelsvertreter:innen Kund:innen zu Hause oder am Arbeitsplatz. Vorwerk mit seinen Staubsaugern und dem Thermomix ist ein Vorreiter dieses Modells. Weitere Beispiele sind Kirby-Staubsauger oder Versicherungsvertreter:innen, die nicht nur Produkte verkaufen, sondern oft auch Beratungen und Produktvorführungen anbieten. - eCommerce:
Im eCommerce wird der Direktvertrieb ins Internet verlagert. Plattformen wie Amway oder Ringana ermöglichen den Kauf von Produkten wie Nahrungsergänzungsmitteln oder Kosmetik direkt über Online-Shops. Oft werden diese Verkäufe mit sozialen Medien kombiniert, um eine größere Zielgruppe zu erreichen. Hier steht die Flexibilität im Vordergrund, da der gesamte Verkaufsprozess digital abläuft. - Telefonverkauf:
Diese Methode wird häufig von Hörgeräteanbietern, Energieunternehmen oder Zeitschriftenverlagen genutzt. Vom ersten Kontakt über die Beratung bis hin zum Abschluss eines Kaufvertrags erfolgt alles telefonisch. Obwohl diese Methode effizient sein kann, steht sie wegen aggressiver Verkaufspraktiken und rechtlicher Grauzonen häufig in der Kritik. - Networking-Marketing:
Auch bekannt als Multi-Level-Marketing (MLM), ist diese Form des Direktvertriebs auf den Verkauf von Konsumgütern und die Rekrutierung neuer Mitglieder ausgelegt. Bekannte Unternehmen wie Amway, Herbalife oder PM-International (FitLine-Produkte) setzen auf diese Methode. Teilnehmer:innen bauen ein Netzwerk auf und erhalten Provisionen für Produktverkäufe und die Anwerbung neuer Vertriebspartner:innen. Obwohl Network-Marketing legal ist, wird es oft mit illegalen Schneeballsystemen verwechselt.
Achtung: Pyramiden- und Schneeballsysteme
Diese Systeme konzentrieren sich nicht auf den Verkauf von Produkten, sondern auf Gewinne durch die Rekrutierung neuer Mitglieder. Pyramiden- und Schneeballsysteme sind in Deutschland strafbar (§ 16 Abs. 2 UWG). Sie locken mit Gewinnversprechen, die oft von der Anwerbung neuer Teilnehmer:innen abhängen. Unseriöse Anbieter verschleiern dies geschickt, daher solltest du vorsichtig sein, wenn der Fokus mehr auf der Mitgliederwerbung als auf dem Produktverkauf liegt.
Voraussetzungen für Selbstständigkeit im Direktvertrieb
Besondere Berufsausbildungen sind in der Regel nicht notwendig, um im Direktvertrieb erfolgreich tätig zu sein. Kaufmännische Grundkenntnisse können zwar hilfreich sein, sind aber nicht zwingend erforderlich. Viel wichtiger ist es, dass der jeweilige Vertriebspartner gute Produktschulungen anbietet. Diese sollten idealerweise kostenfrei oder höchstens zu Selbstkosten verfügbar sein.
Die persönlichen Eigenschaften, die du für eine erfolgreiche Tätigkeit im Direktvertrieb mitbringen solltest, lassen sich stichwortartig wie folgt zusammenfassen:
- Freude am Umgang mit Menschen
- Kommunikationsfreudigkeit
- Bereitschaft zum Lernen
- Risikobereitschaft
- Flexibilität (z. B. bei Arbeitszeiten oder im Umgang mit Kund:innen)
- Positive Einstellung zur Tätigkeit
- Unternehmerisches Denken
- Zielorientierung
- Belastbarkeit (sowohl physisch als auch psychisch)
- Zuverlässigkeit
- Gelegentlich Teamfähigkeit
Gewerberechtliche Aspekte des Direktvertriebs
Wenn du im Direktvertrieb tätig sein möchtest, egal ob haupt- oder nebenberuflich, musst du ein Gewerbe anmelden oder möglicherweise eine Reisegewerbekarte beantragen. Nach § 55 Abs. 1 der Gewerbeordnung betreibt ein Reisegewerbe, wer außerhalb der eigenen Geschäftsräume Kund:innen anspricht, um ihnen Waren oder Dienstleistungen anzubieten oder abzukaufen.
Hinweis: Ein:e Handelsvertreter:in ist nach § 84 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) eine selbstständige Person, die für ein anderes Unternehmen tätig ist und in dessen Namen sowie auf dessen Rechnung Geschäfte vermittelt oder abschließt. Als selbstständige:r Handelsvertreter:in kannst du deine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und deine Arbeitszeit selbst bestimmen.
Problem: Scheinselbstständigkeit im Direktvertrieb
Nicht jede Tätigkeit im Direktvertrieb ist automatisch selbstständig. Entscheidend ist nicht die Bezeichnung im Vertrag, sondern die tatsächliche Ausgestaltung der Arbeit. Wenn du formal als selbstständig giltst, in der Praxis jedoch wie ein:e Arbeitnehmer:in behandelt wirst, besteht die Gefahr, als „Scheinselbstständige:r“ eingestuft zu werden. In diesem Fall kannst du zum Beispiel keine Förderung durch das Arbeitsamt beanspruchen und wirst rechtlich als Arbeitnehmer:in mit allen entsprechenden Rechten und Pflichten betrachtet.
Ein wesentliches Kriterium für echte Selbstständigkeit ist deine persönliche Unabhängigkeit. Persönliche Abhängigkeit dagegen zeigt sich insbesondere durch:
- Weisungsgebundenheit in zeitlicher, örtlicher oder sachlicher Hinsicht
- Organisatorische Eingliederung in den Betrieb des Vertriebsunternehmens
Diese Merkmale weisen auf Scheinselbstständigkeit hin und machen deutlich, dass die Tätigkeit dann eher der eines:einer Arbeitnehmer:in entspricht.
➡️ Wie du Scheinselbstständigkeit vermeidest
Nebenberuflich im Direktvertrieb selbstständig machen
Wenn du planst, dich im Direktmarketing selbstständig zu machen, ist es sinnvoll, zunächst nebenberuflich zu starten, um das finanzielle Risiko zu senken und erste Erfahrungen zu sammeln. Dabei kannst du von der Kleinunternehmerregelung profitieren, sofern dein Umsatz unter den geltenden Grenzen liegt.
Hinweis: Derzeit (Stand 2024) liegt die Umsatzgrenze für das Vorjahr bei 22.000 EUR und im laufenden Jahr bei 50.000 EUR. Ab dem 1. Januar 2025 werden diese Grenzen auf 25.000 EUR für das Vorjahr und 100.000 EUR für das laufende Jahr angehoben.
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