Vorsteuerabzug und vorsteuerabzugsberechtigt – zwei Begriffe, die zunächst kompliziert klingen, jedoch durchaus Vorteile bieten. Freiberufler:innen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, können sich die Umsatzsteuer vom Finanzamt erstatten lassen und somit spürbar Kosten sparen. Wir erklären, was dir der Vorsteuerabzug als Selbstständige:r bringt.
Was ist die Vorsteuer?
Um zu verstehen, worum es beim Vorsteuerabzug eigentlich geht, solltest du wissen, wofür „Vorsteuer“ steht. Bei der Vorsteuer handelt es sich um eine kontextbezogene Bezeichnung für Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer. Beide werden als Vorsteuer bezeichnet, wenn:
- Unternehmen und Selbstständige Dienstleistungen oder Waren bezahlen, die sie für eigene unternehmerische Tätigkeiten benötigen
oder
- Unternehmen und Selbstständige Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer für Waren und Dienstleistungen auf eigenen Rechnungen oder Kassenbons aufführen
Die Vorsteuer ist somit identisch zu der Mehrwert-/Umsatzsteuer, die du zahlst bzw. erhebst, bevor du etwas kaufst, verkaufst oder eine Dienstleistung erbringst.
Vorsteuer, Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer
Zum besseren Verständnis definieren wir die jeweilige Steuer je nach Kontext:
- Mehrwertsteuer: Wer als Privatperson Waren kauft oder Dienstleistungen beansprucht, entrichtet automatisch die auf Rechnungen oder Kassenbons ausgewiesene Mehrwertsteuer. Der Mehrwertsteuersatz liegt je nach Ware oder Leistung bei sieben oder 19 Prozent (Stand: November 2022). Ein Mehrwertsteuersatz von 0 Prozent liegt vor, wenn das rechnungsstellende Unternehmen die Kleinunternehmerregelung nutzt.
- Umsatzsteuer: Wer als Unternehmen oder Dienstleister:in Rechnungen erstellt, muss für gewerbliche Kundinnen und Kunden die Umsatzsteuer und für Privatpersonen die Mehrwertsteuer ausweisen. Es handelt sich um dieselbe Steuer, die sich je nach Perspektive (privat oder geschäftlich) unterscheidet. Abgeführt wird die Umsatzsteuer vom rechnungsstellenden Unternehmen oder Dienstleister an das Finanzamt.
- Vorsteuer: Im Falle von Unternehmen, die vorsteuerberechtigt sind, nennt sich die Mehrwertsteuer für geschäftlich gekaufte Waren oder Dienstleistungen Vorsteuer. Wer zur Vorsteuerberechtigung einen Nachweis erbringt, darf von der eigenen Umsatzsteuerlast die Vorsteuer (also auf geschäftliche Käufe erhobene Mehrwertsteuern) abziehen.
Zusammengefasst handelt es sich bei der Vorsteuer also um den von der eigenen Umsatzsteuerlast abziehbaren Betrag der Mehrwertsteuer.
Wer ist zum Vorsteuerabzug als Selbstständiger berechtigt?
Im Grunde sind alle Unternehmer:innen zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn Sie eine Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer von sieben oder 19 Prozent auf eigenen Rechnungen ausweisen müssen. Das ist der Fall, wenn die jährliche Umsatzgrenze und somit der Freibetrag nicht unterschritten werden (Stand November 2022: 22.000 Euro). Wenn du die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführst, kannst du sie dir als Vorsteuerabzug erstatten lassen. Welcher Umsatzsteuersatz zur Anwendung kommt, hängt von der Ware oder der Dienstleistung ab.
💡Tipp von Accountable: Der korrekte Mehrwert- und Umsatzsteuersatz wird automatisch in deine Rechnungen eingetragen, wenn du Accountable für die Rechnungserstellung verwendest!
Voraussetzungen für Vorsteuerabzug im Überblick
Folgende Voraussetzungen gelten für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug:
- Du giltst gemäß Umsatzsteuergesetz als Unternehmer:in (auch Freiberufler:in)
- Für deine Produkte, Waren oder Dienstleistungen musst du eine Umsatzsteuer auf deinen Rechnungen ausweisen bzw. eine Mehrwertsteuer erheben
- Abzugsberechtigte Betriebsausgaben müssen direkt mit umsatzsteuerpflichtigen und für dein Unternehmen relevanten Leistungen zusammenhängen, z. B. einem Vorsteuerabzug für Büromöbel, Reisekosten, Büroausstattung oder Fachliteratur
- Eingangsrechnungen, die für den Vorsteuerabzug in Frage kommen, entsprechen formal allen Vorgaben
Wer ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt?
Nach dem Prinzip „Vorsteuerabzug für Dummies“ lässt sich aus den Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug schlussfolgern, wer nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Alle gemäß Kleinunternehmerregelung von der Umsatzsteuer befreiten Unternehmer:innen haben keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug. Solange du unter dem umsatzsteuerfreien Jahresumsatz von 22.000 Euro (Stand: November 2022) bleibst, kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Frage.
Folgende Ausnahmen gelten für die Vorsteuerabzugsberechtigung:
- Du giltst nach Kleinunternehmerregelung als Kleinunternehmer:in (z. B. durch Anmeldung im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung)
- Deine Ausgaben hängen mit umsatzsteuerfreien Leistungen (z. B. Einnahmen aus Vermietung an Privatnutzer:innen) zusammen bzw. deine Kosten entstehen durch den Erwerb zu privaten Zwecken
- Deine Rechnungen erfüllen nicht die gültigen gesetzlichen Formrichtlinien
- Du führst umsatzsteuerfreie Umsätze aus (z. B. Heilpraktiker:innen, Physiotherapeut:innen, Zahnärzt:innen oder Ärzt:innen)
Auch wenn du als Kleinunternehmer:in nicht vorsteuerabzugsberechtigt bist, kannst du durch das Absetzen von Betriebsausgaben dennoch Kosten sparen. Alles, was du zu absetzbaren Betriebsausgaben wissen musst, findest du hier.
Vorsteuerabzugsberechtigung: Nachweis erbringen
Um deine Berechtigung zum Vorsteuerabzug zu erbringen, benötigst du bestimmte Nachweise. Hierzu dienen zur Vorlage eine ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer oder je nach Fall ein zollamtlicher Beleg. Abzugsfähige Vorsteuerbeträge werden in die Umsatzsteuervoranmeldung eingetragen, entsprechend verrechnet und vom Finanzamt erstattet.
💡Tipp von Accountable: Mit Accountable trägst du deine Einnahmen und Ausgaben ganz einfach in die Accountable-App ein und erstellst deine Umsatzsteuervoranmeldung automatisch.
Welche Berufsgruppen können den pauschalen Vorsteuerabzug nutzen?
Bestimmte Berufsgruppen bzw. Rechtsformen müssen keinen Nachweis für gezahlte Mehrwertsteuer erbringen. In diesem Fall gilt ein pauschaler Vorsteuerabzug ohne Rechnungsnachweis mit Umsatz-/Mehrwertsteuer. Der Pauschalprozentsatz hängt hierbei von der Berufsgruppe ab.
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
- Unternehmer:innen/Freiberufler:innen mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung (ohne Verpflichtung zur Buchführung)
- Unternehmer:innen/Freiberufler:innen, die gemäß § 23 UStG sowie gemäß den UStG Anlagen § 69 und § 70 einen pauschalen Vorsteuerabzug vornehmen dürfen (unversteuerter Umsatz lag im Vorjahr unter 61.356 Euro)
Mit einem pauschalen Abzug profitierst du im besten Fall von höheren Vorsteuerabzügen, als es mit Nachweisen der Fall wäre. Berechtigte Berufsgruppen inklusive Prozentsatz sind:
- Journalist:innen (4,8 Prozent)
- Schriftsteller:innen (2,6 Prozent)
- Rechtsanwält:innen/Notar:innen (1,5 Prozent)
- Hochschullehrer:innen (2,9 Prozent)
- Grafiker:innen/Kunstmaler:innen (5,2 Prozent)
- Bildhauer:innen (7 Prozent)
- Freiberufler:innen in den Bereichen Theater, Film, Funk und Fernsehen (3,6 Prozent)
Wie lässt sich die Vorsteuer anmelden?
Die Vorsteuer darfst du abziehen, sobald du kostenpflichtige Leistungen aus geschäftlichen Gründen beansprucht und dir dafür eine Rechnung bzw. ein Bon mit Umsatzsteuer vorliegt. Um die Vorsteuer abzuziehen, nimmst du eine Vorsteuer- bzw. Umsatzsteuervoranmeldung, inklusive Eingangsrechnungen, elektronisch beim Finanzamt vor. In den ersten zwei Jahren der Gründung gilt hier die monatliche Voranmeldungspflicht. Als Frist für die Voranmeldung gilt der zehnte Tag des Folgemonats.
Um empfindliche Strafen bei Nichteinhalten der Frist zu vermeiden, lässt sich eine Dauerfristverlängerungen um einen Monat beantragen. Ab dem dritten Gründungsjahr verändert sich die Frist zur Voranmeldung jeweils nach Umsatz bzw. Vorsteuerabzug. Macht du im Vorjahr zum Beispiel unter 1.000 Euro Vorsteuerabzug geltend, so erfolgt die Anmeldung einmal jährlich per Steuererklärung. Bei einer Vorsteueranmeldung zwischen 1.000 und 7.500 Euro erfolgt eine vierteljährliche Anmeldung. Bei über 7.500 Euro Vorsteuer bleibt es bei der monatlichen Frist.
Wie viel lässt sich durch den Vorsteuerabzug sparen?
Um zu veranschaulichen, wie viel Geld du als Freiberufler mit dem Vorsteuerabzug einsparst, stellen wir dir ein Beispiel aus dem Bereich Lektorat vor:
Du kaufst dir als Büroausstattung ein großes Bücherregal. Die Rechnung beträgt 500 Euro mit ausgewiesener Umsatzsteuer zum Umsatzsteuersatz von 19 Prozent. Die Umsatzsteuer umfasst 95 Euro. Die Gesamtkosten betragen somit 595 Euro. Bei der Umsatzsteuervoranmeldung machst du 95 Euro als Vorsteuerabzug gültig, indem du Sie von deiner Umsatzsteuer abziehst. Zudem reichst du die entsprechende Eingangsrechnung als kopierten Nachweis mit der Umsatzsteuervoranmeldung ein.
Der Vorsteuerabzug macht sich vor allem bei hohen Eingangsrechnungen mit Rechnungsbeträgen von beispielsweise 5.000 Euro und 19 Prozent Umsatzsteuersatz bemerkbar. So kannst du dir in diesem Fall einen Vorsteuerbetrag von 950 Euro erstatten lassen. Hohe Eingangsrechnungen solltest du umgehend kopieren, aufbewahren und die ausgewiesene Vorsteuer abziehen.
Warum der Vorsteuerabzug von Vorteil ist
Wer den Vorsteuerabzug für Freiberufler beansprucht, profitiert automatisch von höherer Liquidität. Vor allem bei hohen unternehmensrelevanten Ausgaben und Investitionen erhältst du somit bedeutende Beträge zurück, die sich anderweitig nutzen lassen. Im Vergleich zum jährlichen Jahresabschluss und der zugehörigen Mehrwertsteuererstattung bietet der Vorsteuerabzug bei regelmäßigen Ausgaben eine deutliche und zeitnahe Entlastung. Auf diese Weise kannst du als Selbstständige:r Steuerrücklagen schaffen und auf mehr finanzielle Mittel zurückgreifen.
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