Für Selbstständige, Freelancer:innen oder Freiberufler:innen stellt sich oft die Frage, ob sie Kirchensteuer zahlen müssen. Die kurze Antwort: Ja, wenn sie Mitglieder einer kirchensteuerpflichtigen Religionsgemeinschaft sind. Wie die Kirchensteuer für Selbstständige genau berechnet wird, welche Besonderheiten es gibt und was du beachten solltest – das erfährst du hier.
Die Kirchensteuer – warum du sie zahlst und was damit passiert
Die Kirchensteuer dient dazu, den vielfältigen Bedarf der kirchlichen Gemeinschaften zu decken. Damit werden nicht nur Bauprojekte wie der Erhalt von Kirchengebäuden finanziert, sondern auch die Gehälter der Geistlichen sowie soziale Einrichtungen, wie zum Beispiel kirchliche Kindergärten, unterstützt. Als Selbstständige:r oder Freelancer:in bist du selbst dafür verantwortlich, diese Steuer im Rahmen deiner Einkommensteuererklärung zu entrichten. Das Finanzamt leitet die Kirchensteuer dann an deine Religionsgemeinschaft weiter.
Die Bundesländer behalten für den Einzug der Kirchensteuer eine Verwaltungsgebühr ein, die je nach Land unterschiedlich hoch ausfällt. In Bayern beispielsweise liegt diese Gebühr bei 2 % des Kirchensteueraufkommens, während das Saarland mit 4,5 % den höchsten Satz erhebt. In den meisten Bundesländern wird jedoch ein Durchschnitt von etwa 3 % berechnet.
Derzeit nutzen folgende Kirchen und Organisationen den staatlichen Einzug der Kirchensteuer:
- Die Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD); Konfessionsmerkmal: „ev“ (Kennzahl „61“ bei der Lohnsteuer-Anmeldung)
- Die Bistümer der Römisch-Katholischen Kirche; Konfessionsmerkmal: „rk“ (Kennzahl „62“)
- Das Katholische Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland; Konfessionsmerkmal: „ak“ (Kennzahl „63“)
- Freireligiöse Gemeinden wie die Landesgemeinden Baden, Mainz, Offenbach und Pfalz
- Die Unitarische Religionsgemeinschaft Freie Protestanten
- Jüdische Gemeinden, die eine sogenannte Kultussteuer erheben (Kennzahl „64“)
- Die Freie Religionsgemeinschaft Alzey in Rheinhessen, auch bekannt als Humanistische Gemeinde Freier Protestanten (Freiprotestanten)
Folgende Kirchen ziehen die Kirchensteuer selbst ein:
- Evangelisch-reformierte Kirche in Hamburg
- Dänische Seemannskirche in Hamburg
- Mennonitengemeinde zu Hamburg und Altona
- Französische Kirche zu Berlin (französisch-reformierte Hugenottengemeinde)
Müssen Selbstständige Kirchensteuer zahlen?
Als natürliche Person bist du kirchensteuerpflichtig, wenn du drei wesentliche Kriterien erfüllst. Erstens musst du Mitglied der Religionsgemeinschaft sein, die die Kirchensteuer erhebt. Diese Mitgliedschaft beginnt in der Regel mit der Taufe, wodurch du Teil der jeweiligen Kirche wirst. Zweitens muss dein Wohnsitz in Deutschland liegen, und drittens ist deine steuerliche Leistungsfähigkeit entscheidend. Das bedeutet, dass vor allem Personen, die lohn- oder einkommensteuerpflichtig sind, Kirchensteuer zahlen müssen.
Hinweis von Accountable: Auch wenn du selbst kein Mitglied einer Kirche bist, kann die Kirchensteuer als Selbstständige:r oder Unternehmer:in für dich relevant werden. Beschäftigst du Mitarbeiter:innen, die einer kirchensteuerpflichtigen Religionsgemeinschaft angehören, musst du diese Steuer zusammen mit der Lohnsteuer von deren Gehalt einbehalten und an das Finanzamt abführen.
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Berechnung der Kirchensteuer für Selbstständige und Freelancer
Die Kirchensteuer basiert auf der Einkommensteuer, zu der auch Lohn- und Kapitalertragsteuer zählen. Bist du Selbstständige:r oder Freelancer:in, richtet sich die Höhe deiner Kirchensteuer nach deinem Wohnort und dem Einkommen, das du versteuerst. In Bayern und Baden-Württemberg beträgt der Steuersatz acht Prozent deiner Einkommensteuer, in den anderen Bundesländern neun Prozent. Du zahlst also monatlich acht oder neun Prozent deiner Einkommensteuer als Kirchensteuer.
Bei Ehepaaren, die beide derselben Konfession angehören, wird die Kirchensteuer auf Grundlage des gemeinsamen Einkommens berechnet. Ist jedoch nur eine:r von euch Mitglied einer kirchensteuerpflichtigen Religionsgemeinschaft, bezieht sich die Steuer nur auf den Anteil der Einkommensteuer derjenigen Person, die Kirchenmitglied ist.
Kappungsregelung – Schutz vor zu hohen Abgaben
Für Personen mit sehr hohem Einkommen kann die sogenannte Kappungsregelung in Betracht kommen. Diese sorgt dafür, dass die Höhe der Kirchensteuer nicht unverhältnismäßig hoch ausfällt. Sollte dein Einkommen über einer bestimmten Schwelle liegen, kannst du möglicherweise einen geringeren Steuersatz beantragen. In den meisten Bundesländern gilt die Regel, dass die Kirchensteuer nicht mehr als drei bis vier Prozent des zu versteuernden Einkommens betragen darf. Die Kappung wird meist automatisch vom Finanzamt berücksichtigt, anderenfalls du musst sie separat beantragen.
Was ist das Kirchgeld?
Das Kirchgeld ist eine besondere Form der Kirchensteuer, die direkt an die lokale Kirchengemeinde fließt. In Bayern erklärt sich der niedrigere Kirchensteuersatz von 8 % zum Beispiel dadurch, dass zusätzlich zur Kirchensteuer ein verpflichtendes Kirchgeld erhoben wird. Kirchenmitglieder stufen ihr Einkommen selbst ein und überweisen das Kirchgeld separat zur monatlichen Kirchensteuer.
Es gibt zwei Arten von Kirchgeld:
- Allgemeines Kirchgeld: Personen mit geringen Einkommen, z. B. Arbeitslose, Studierende oder Hausfrauen/-männer, zahlen jährlich zwischen 24 und 72 Euro an ihre Kirchengemeinde, sofern sie volljährig sind und ihr Einkommen über dem Existenzminimum liegt. Diese Form des Kirchgelds findet sich hauptsächlich in Rheinland-Pfalz und dem Rheinland.
- Besonderes Kirchgeld: Betrifft Ehepaare oder eingetragene Lebenspartnerschaften, bei denen nur ein:e Partner:in Kirchenmitglied ist und beide eine Zusammenveranlagung gewählt haben. Das besondere Kirchgeld liegt zwischen 96 und 3.600 Euro jährlich und wird von den meisten evangelischen Landeskirchen und den katholischen Bistümern außerhalb Bayerns, Baden-Württembergs und Nordrhein-Westfalens erhoben.
Kirchensteuer in der Steuererklärung
Als Freiberufler:in oder Selbstständige:r kannst du die gezahlte Kirchensteuer vollständig als Sonderausgabe in deiner Steuererklärung absetzen. Allerdings gilt dies nicht für die Kirchensteuer, die auf Kapitaleinkünfte wie Dividenden oder Kursgewinne erhoben wird. Sollte dir Kirchensteuer zurückerstattet worden sein, musst du diese ebenfalls in deiner Steuererklärung angeben. Achte also darauf, alle relevanten Zahlungen und Rückerstattungen korrekt zu erfassen.
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Kirchensteuer vermeiden: Nur durch Austritt möglich
Um Kirchensteuer zu vermeiden, steht dir eigentlich nur ein Weg offen: der Austritt aus der Kirche. Das geht je nach Bundesland beim Standesamt oder Amtsgericht mit einem einfachen Formular. Tatsächlich wird dies deiner Kirche auch nur mitgeteilt – ein persönliches Gespräch beim Pfarrer oder der Pastorin deiner Heimatgemeinde ist nicht vorgeschrieben (wäre aber sinnvoll). Nach dem Austritt endet die Steuerpflicht in der Regel im folgenden Monat, und dein:e Arbeitgeber:in wird automatisch informiert.
Beachte aber: Der Kirchenaustritt sollte nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch aus Überzeugung erfolgen. Viele Kirchengemeinden setzen sich für soziale Projekte ein und unterstützen bedürftige Menschen – durch die Kirchensteuer trägst du also auch dazu bei, diese wichtigen Projekte zu fördern.