Was versteht man unter der Istbesteuerung?
Die Istbesteuerung (§ 20 UStG) ist eine gesetzliche Ausnahme von der Sollbesteuerung. Sie dient dazu, Selbstständige von der Vorfinanzierung der Umsatzsteuer zu entlasten. Bei der Istbesteuerung erklärst und zahlst du deine Umsatzsteuer nämlich erst, wenn du tatsächlich von deinen Kundinnen und Kunden bezahlt worden bist. Deine Steuerschuld gegenüber dem Finanzamt richtet sich also nach dem Datum, an dem das Geld tatsächlich auf deinem Konto ist. Folglich wird deine Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet.
Anders funktioniert es mit der Sollbesteuerung. Hier entsteht eine Steuerschuld auf Einnahmen, die du noch gar nicht erhalten hast. Deine fällige Umsatzsteuer muss immer direkt ans Finanzamt abgeführt werden, nachdem du deinen Kundinnen und Kunden eine Rechnung geschrieben hast. Deine Steuerschuld gegenüber dem Finanzamt richtet sich also nach dem Rechnungsdatum. In diesem Fall spricht man von einer Besteuerung nach vereinbarten Entgelten.
💡Fakt: Nach deutschem Umsatzsteuerrecht kommt es für den Vorsteuerabzug nicht auf das Datum des Geldeinganges an, sondern darauf, ob eine ordnungsgemäße Rechnung geschrieben worden ist. Du darfst die Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, die dir in Rechnung gestellt wurde. Istbesteuerung und Vorsteuerabzug schließen sich untereinander nicht aus.
Istbesteuerung oder Sollbesteuerung: Warum ist diese Entscheidung so wichtig?
Jeder und jede Steuerpflichtige unterliegt erst einmal der Sollbesteuerung – du hast aber die Möglichkeit, die Istbesteuerung zu beantragen. Die Frage nach der Istbesteuerung oder Sollbesteuerung kann einen maßgeblichen Einfluss auf deine Zahlungsfähigkeit als Selbstständige:r haben.
Stell dir vor, dein Kunde oder deine Kundin bezahlt deine Rechnung zu spät oder im schlimmsten Fall überhaupt nicht. Wenn du deine Umsatzsteuer nach den Regeln der Sollbesteuerung zahlst, wird dann die Steuer auf Beiträge berechnet, die du mitunter noch gar nicht erhalten hast – du gehst also gegenüber deinem zuständigen Finanzamt in Vorleistung.
Das belastet dein Konto – vor allem bei besonders hohen Summen und vielen Rechnungen. Um nicht Geld zahlen zu müssen, dass sie noch gar nicht bekommen haben, entscheiden sich daher viele Selbstständige für die Istbesteuerung. Vor allem für Neugründer:innen ist dies oft eine sinnvolle Entscheidung.
So geht die Istbesteuerung: Ein Beispiel
- Am 15. Februar schreibst du eine Rechnung in Höhe von 1.500 Euro plus 285 Euro Umsatzsteuer.
- Dein Kunde oder deine Kundin erhält die Rechnung sofort – lässt sich aber Zeit und zahlt erst im Juni.
- Mit der Istbeteuerung führst du die Umsatzsteuer nach Zahlungseingang, also im Juni ab.
So geht die Sollbesteuerung: Ein Beispiel
- Am 15. Februar schreibst du eine Rechnung in Höhe von 1.500 Euro plus 285 Euro Umsatzsteuer.
- Noch im Februar führst du die Umsatzsteuer in Höhe von 285 Euro an das Finanzamt ab – also für den Monat, der auf deiner Rechnung steht.
- Dein Kunde oder deine Kundin hat die Rechnung sofort erhalten – hat sich aber Zeit gelassen und erst im Juni gezahlt. Bis dahin musstest du also gegenüber deinem Finanzamt in Vorleistung gehen.
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Istbesteuerung muss beim Finanzamt beantragt werden
Wer die Istbesteuerung bevorzugt, muss dies bei seinem zuständigen Finanzamt beantragen. Gemäß § 20 Satz 1 UStG wird die Istbesteuerung vom Finanzamt unter den folgenden Voraussetzungen gestattet:
- Der oder die Steuerpflichtige stellt einen Antrag
- Der oder die Steuerpflichtige übt einen freien Beruf aus oder
- Der oder die Steuerpflichtige ist davon befreit, Buch zu führen oder aufgrund von jährlichen Bestandaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen oder
- Die Umsatzgrenze der Istbesteuerung in Höhe von 600.000 Euro wird nicht überschritten.
Wer kann die Istbesteuerung beim Finanzamt beantragen?
Freiberufler, Einzelunternehmer, GbR oder GmbH? Die Istbesteuerung kommt für unterschiedliche Unternehmensformen in Frage. Welche Unternehmensformen ein Recht auf die Istbesteuerung haben, kannst du der folgenden Liste entnehmen:
- Freiberufler
- Einzelunternehmer bis zu einer Buchführungspflichtgrenze von maximal 600.000 Euro Umsatz pro Jahr bzw. 60.000 Euro Gewinn pro Jahr
- Kleingewerbebetreiber bis zu einer Buchführungspflichtgrenze von maximal 600.000 Euro Umsatz pro Jahr bzw. 60.000 Euro Gewinn pro Jahr
- GbR bis zu einer Buchführungspflichtgrenze von maximal 600.000 Euro Umsatz pro Jahr bzw. 60.000 Euro Gewinn pro Jahr
- OHG bis zu einem Umsatz von maximal 500.000 Euro pro Jahr
- UG bis zu einem Umsatz von maximal 500.000 Euro pro Jahr
- GmbH bis zu einem Umsatz von maximal 500.000 Euro pro Jahr
- Weitere wie KG und AG bis zu einem Umsatz von maximal 500.000 Euro pro Jahr
Praxistipp: So beantragst du die Istbesteuerung beim Finanzamt
Der Wechsel von der Sollbesteuerung zur Istbesteuerung ist jederzeit möglich. Wenn du die Istbesteuerung beantragen möchtest, bist du also an keine bestimmte Frist oder Form gebunden. Für die Beantragung hast du nun zwei Möglichkeiten:
- Fragebogen zur steuerlichen Erfassung: Bei der Anmeldung deiner Selbstständigkeit kreuzt du im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung an, dass du die Istbesteuerung für deine Buchhaltung wählen möchtest.
- Einfaches, formloses Schreiben: Du beantragst die Istbesteuerung zu einem späteren Zeitpunkt in einem einfachen, formlosen Schreiben. Darin enthalten sein sollte deine Steuernummer, der gewünschte Zeitpunkt des Wechsels und die Höhe deines letzten Jahresumsatzes.
💡Fakt: Dein Antrag auf Istbesteuerung gilt als genehmigt, sobald dir dein zuständiges Finanzamt den Wechsel schriftlich bestätigt. Das Finanzamt darf deinen Antrag auf Istbesteuerung nicht ablehnen, sofern du die Voraussetzungen für die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten erfüllst.
Wenn du Accountable für deine Steuererklärungen und Buchhaltung nutzt, ist die Istversteuerung bereits berücksichtigt. Du siehst also immer das richtige Zahlungsdatum der Umsatzsteuer und kannst sie direkt mit Accountable ans Finanzamt übermitteln!