Gewinnerzielungsabsicht: Wenn das Finanzamt einen Nachweis verlangt

Anfängliche Verluste aus einer selbstständigen Tätigkeit sind nichts Ungewöhnliches. Auch das Finanzamt spielt in der Regel mit. Doch weist man später bei der EÜR zu häufig nur Verluste aus, fordert die Behörde einen besonderen Nachweis ein, dass man wirklich einen Gewinn mit seiner Tätigkeit erzielen will.

Ansonsten droht die Einstufung als „Liebhaberei“. Wir erklären, welche Voraussetzungen für die Gewinnerzielungsabsicht erfüllt sein müssen und wie du mit der Post vom Finanzamt umgehst.

Was ist die Gewinnerzielungsabsicht?

Die Definition der Gewinnerzielungsabsicht ist erstmal ganz einfach: Wenn man ein Unternehmen gründet oder sich selbstständig macht, will man in der Regel damit Geld verdienen. Das gilt auch für Verpachtungen oder Vermietungen, zum Beispiel von Ferienimmobilien

Aus steuerrechtlicher Sicht ist vor allem wichtig, dass bei Selbstständigen und Gewerben die Gewinnerzielungsabsicht grundsätzlich vorhanden ist. Kurzfristig erweist es sich als unproblematisch, wenn man zu Beginn seiner selbstständigen Tätigkeit mehrere Jahre Anlauf braucht oder später ein oder zwei Jahre Verluste schreibt. 

Erklärt wird die Gewinnerzielungsabsicht im Einkommensteuergesetz (EStG). Hier ist festgeschrieben, dass Gewerbebetriebe und selbstständig Tätige grundsätzlich das Ziel verfolgen (müssen), einen Gewinn zu erzielen. So soll ausgeschlossen werden, dass man die Tätigkeit nur deshalb ausübt, um Kosten für ein Hobby steuerlich geltend zu machen.

Der Haken an den Regelungen im EStG: Die Gewinnerzielungsabsicht wird nur ganz allgemein vorgeschrieben. Wenn es darum geht, wie hoch der Gewinn ausfallen oder wann er erzielt werden muss, liegt die Entscheidung beim zuständigen Finanzamt. Und hier fußen die Bewertungen häufig mehr auf Erfahrungen oder internen Richtwerten als auf gesetzlichen Regelungen. 

💡Tipp von Accountable: Du hast einen Brief vom Finanzamt zur Gewinnerzielungsabsicht erhalten? Mit unserem kostenlosen AI-Tool kannst du diese Briefe ganz einfach analysieren lassen und bekommst eine klare Zusammenfassung. So kannst du sicher sein, dass du die Anforderungen des Finanzamts auch richtig verstehst.

Fehlende Gewinnerzielungsabsicht und „Liebhaberei“

Wann also das Finanzamt aktiv wird, hängt durchaus von deiner Behörde bzw. dem oder der Sachbearbeiter:in ab. Grundsätzlich ist es aber so, dass man bei einem über die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nachgewiesenen Betrag von weniger als 410,00 Euro Gewinn davon ausgeht, dass keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Das ist nämlich die Grenze, die du freiberuflich oder gewerblich nebenbei pro Jahr steuerfrei verdienen darfst. 

Zudem bewerten die Finanzämter meist einen längeren Zeitrahmen, ein „Ausrutscher“ in einem Jahr ist also nicht dramatisch. Doch wenn du über einen Zeitraum von drei Jahren keine Gewinne machst oder nach fünf Jahren nach Start deiner selbstständigen Tätigkeit immer noch im Minus bist, wird das Finanzamt misstrauisch und könnte dein Unternehmen als sogenannte „Liebhaberei“ einstufen.

Das hat manchmal Vorteile, da du in diesem Fall Einnahmen nicht versteuern musst. Andererseits droht dir bei einer Einstufung als Liebhaberei der Entzug des Gewerbescheins, so dass du nun auch Ausgaben mit Bezug auf deine Tätigkeit nicht mehr von der Steuer absetzen kannst.

💡Tipp von Accountable: Vor allem in den ersten Tätigkeitsjahren erkennt das Finanzamt Verluste zwar an, versieht den Steuerbescheid aber mit einem Vorläufigkeitsvermerk. Das bedeutet: Deine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht ganz klar. Dein Bescheid bleibt punktuell offen, um die weitere Entwicklung zu beobachten und später die Verluste einfacher aberkennen zu können. Nimm solche Vermerke also immer ernst!

Hobby oder Erwerbstätigkeit?

Das Problem der mangelnden Gewinne, vor allem in den Anfangsjahren, kennen viele Selbstständige und Freelancer:innen. Doch manche Berufsgruppen sind davon häufiger betroffen als andere. Zum Beispiel Menschen, die sich in der Pferdebranche tätig sind (Reitlehrer:innen, Reitherapeuten, aber auch Pferdehaltung etc.) , vielleicht sogar nur im Nebenerwerb  – hier ist die Abgrenzung zwischen Hobby (Pferde gelten als Luxusgut) und Erwerbstätigkeit für die Finanzämter schwierig zu erkennen.

Auch in künstlerischen Berufen wie bei Musiker:innen kann das passieren, wenn über mehrere Jahre hinweg zum Beispiel die Kosten für Proben und Aufnahmen noch nicht durch die Einnahmen durch den Verkauf eigener Werke gedeckt werden.

Gewinnerzielungsabsicht beweisen: Diese Möglichkeiten hast du

Vermutet das Finanzamt, dass du mit deiner selbstständigen Tätigkeit keinen Gewinn erzielen willst, kommt es zur Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht. Das bedeutet: Du musst die Behörden davon überzeugen, dass du wirtschaftlich erfolgreich sein willst, um einer Einstufung als Liebhaberei zu entgehen.

Die Gewinnerzielungsabsicht zählt nämlich zu den „inneren“ Tatsachen, die nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden können. Die richtigen Argumente zu finden, ist manchmal gar nicht so einfach zu bewerkstelligen, weil jede Situation etwas anders ist. 

Der Nachweis muss auf jeden Fall schlüssig sein und klar aufzeigen, wann du wieder Gewinne erzielst.  Als Argumentationshilfe haben wir für dich typische Situationen einmal genauer aufgeschlüsselt.

Rentabilitätsplan erstellen

Du kennst das noch vom Start deiner Tätigkeit als Selbstständiger: Hier hast du mit Sicherheit einen Businessplan erstellt. Neben der ausführlichen Tätigkeitsbeschreibung gehörte auch ein Rentabilitätsplan dazu. Diesen kannst du nehmen und für deine Situation aktualisieren.

Stelle alle voraussichtlichen Kosten und die geplanten Einnahmen gegenüber. Auch wenn du nicht gleich im nächsten Jahr in die Gewinnzone springst, so muss doch eine positive Tendenz erkennbar sein. Diesen Plan legst du deinem Finanzamt schnellstmöglich vor. 

Fehler analysieren

Wenn es um die Kosten geht, liegen Plan und Wirklichkeit manchmal weit auseinander. Wenn sich also zum Beispiel infolge der Inflation deine Materialkosten deutlich erhöht haben, ist das ein legitimer Grund für niedrigere Umsätze. Oder wenn ein teures Gerät in deinem Maschinenpark defekt ging und teuer ersetzt werden musste.

Mit einer gründlichen Fehleranalyse kannst du dem Finanzamt nachweisen, wo das Problem lag. Allerdings solltest du auch zeigen, wie du es beheben willst, etwa durch Kosteneinsparungen oder Umstrukturierungen, die den Umsatz steigen lassen.

Außergewöhnliche Ursachen festhalten  

Auch Freelancer:innen und Selbstständige können unter Umständen sich auf „höhere Gewalt“ für einen Umsatzeinbruch berufen. Selbstständige im Baugewerbe sind direkt von einem frühzeitigen oder langanhaltenden Winter betroffen. Wird die Fußgängerzone direkt vor dem Restaurant aufgerissen, müssen Gastronom:innen möglicherweise auf den einkalkulierten hohen Anteil an Laufkundschaft verzichten.

Doch auch private Gründe können dazu führen, dass das „Geschäft“ nicht mehr im Vordergrund steht, etwa eine schwere Erkrankung des Ehepartners oder Kindes. Wer also nicht so arbeiten kann wie er oder sie möchte, kann dies dem Finanzamt gegenüber erklären.

Gewinnprognose erarbeiten

Wenn du seit drei Jahren keine Gewinne mehr ausgewiesen hast, fordert das Finanzamt häufig eine sogenannte „Gewinnprognose“ an. Das ist durchaus knifflig, denn berücksichtigt werden alle Gewinne und Verluste der vergangenen und laufenden Jahre. Zudem musst du dem Finanzamt im Zusammenhang mit deiner Gewinnerzielungsabsicht darlegen, wann du einen Totalgewinn erzielen wirst.

Das bedeutet: Wenn du bislang nur Verluste gemacht hast, musst du jetzt aufzeigen, wie du in Zukunft einen so hohen Gewinn erwirtschaften willst, dass er die Verluste der letzten Jahre mehr als ausgleicht. Dein Gewerbe muss also grundsätzlich „schwarze Zahlen“ schreiben.

Ein Jahr mit Gewinn arbeiten

Wie bereits erwähnt, stufen Finanzämter Selbstständige (und Unternehmen) nur dann als Liebhaberei ein, wenn sie mehrere Jahre hintereinander Verluste schreiben. Das bedeutet auch: Ein Jahr mit Gewinn entkräftet den Verdacht auf Liebhaberei und sorgt dafür, dass das Finanzamt von deiner Gewinnerzielungsabsicht überzeugt ist.

Weitere Gründe

Für den Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht kommen auch andere Argumente in Frage: 

Gewinnerzielungsabsicht nachweisen: Das Finanzamt ist nicht der Gegner

Unserer Erfahrung nach wollen die Finanzbehörden eigentlich, dass du mit dem Beweis der Gewinnerzielungsabsicht Erfolg hast. Denn nur so können die Finanzämter auch Steuern einziehen, bei einer Liebhaberei geht das eben nicht.

💡Tipp von Accountable: Bei Fragen dazu kannst du dich auch an die Steuer-Coaches von Accountable wenden. Accountable ist das Steuerprogramm für Selbstständige und unsere Coaches unterstützen dich bei allen Fragen Rund um die Selbstständigkeit.


Sophia Merzbach, Content Marketing Manager und Copy Writer
Aktualisiert am

Sophia liebt es zu lesen und kreative Texte zu schreiben. Sie freut sich sehr, Teil des bunten Teams von Accountable zu sein und ist inzwischen ein richtiger Profi in Steuerfragen.
In ihrer Freizeit trifft man sie in der Boulderhalle, im Italienischkurs oder beim Entdecken ihrer Heimat Berlin.

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